Dienstag, 22. April 2008

Leseprobe Nr. 2 aus „…als mein Wahn deine Realität schluckte“


Werte Anhänger des guten Geschmacks,

wenn wir mal was machen, dann machen wir’s auch richtig: Natürlich bleibt es nicht bei einem einzelnen Lesepröbchen, nein, wir haben natürlich noch eins in der Hinterhand. Der nächste Appetithappen aus „…als mein Wahn deine Realität schluckte (3 Wege ins Chaos und wieder zurück)“ stammt aus „Brief an Tralfamadore“, der zweiten Geschichte im Buch.

Und wiederum wünschen wir: Viel Lesevergnügen.

Es grüßt das fleißige Bienchen
S.

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… war noch sehr jung, als man mir beibrachte, sich mit Sorgen, Ängsten und Wünschen an den Allmächtigen zu wenden. Fast meine gesamte Kindheit verschwendete ich an einen Gott, der sich für mich nie interessiert hatte und sich nur um seine eigenen Belange kümmerte. Als ich anfing, an ihm zu zweifeln, wurde ich zur Ausgestoßenen erklärt, regelrecht zum Judas. Man heftete mir die heilige Schrift an meine unterentwickelten Händchen, auch bombardierte man mich mit Büchern, in denen kirchliche Hymnen und Lobpreisungen an den Herrn abgedruckt waren. Es war mir zuwider, da ich an etwas anderes glauben wollte. Ekel und Hass durchzogen mich, Empfindungen, die mir bis dato vollends fremd waren.  Glauben wollte und konnte ich nur an etwas Greifbares, und das war für mich nicht ein Gott, der seine Schöpfung unter meine Füße legte und mich so zwang, ihn anzuerkennen. Nein. Ich wollte an dich glauben, aber damals warst du noch ein Phantasiegebilde und unsichtbar für mich.

Als ich das erste Mal von dir las, begriff ich erst, wie kaputt und beängstigend meine Welt war. Ganz gleich, ob mit oder ohne Gott. Sie ist keine schöne Welt mehr und wird es auch nie wieder sein. In ihrer Agonie spuckt sie jeder Kreatur ins Gesicht. Angefüllt mit Verachtung und Abscheu kämpft sie gegen ihren eigenen Untergang an und geht dabei über Leichen, die einstmals ihre eigenen Kinder waren. Doch das haben wir selbst zu verantworten, dass unsere Welt so ist, wie sie ist. Was wir ihr und uns angetan haben, ist unbeschreiblich. Selbst wenn ich versuchen würde, es dir begreiflich zu machen, du würdest es nicht verstehen. Du kennst die Sorgen der Erdlinge nicht und das, was sie getan haben, würdest du nicht als Katastrophe betrachten. Das kleine Dorf Armageddon, in dem sie beginnen wird, hat sich still und leise globalisiert. Der Kurs steht unwiderruflich auf Untergang. Die totale Annihilation lässt sich nicht mehr aufhalten. Nichts können wir tun, damit unsere Welt uns verzeiht. Der Tag ihrer Rache wird kommen und sie wird alles Leben von ihrer sich ewig drehenden blauen Oberfläche wischen. Sie brennt langsam aus und bevor sie sich selbst zerstört und ihre Ausgeburt mit in den Tod reißt, wird sie uns peinigen und Albträume bescheren. Hole mich zu dir, bevor mich dieses Schicksal auch ereilt. Meine einst wunderschöne Welt zerbricht. Eigentlich liegt sie schon in Schutt und Asche, in Trümmern und Scherben, aber niemand will es erkennen. Die Kreaturen meines Planeten wollen es nicht wahrhaben und verschließen ihre Augen vor dem sicheren, uns bevorstehenden Ende. Unsere Welt hat uns gelehrt zu lieben, zu vergeben, richtig und tugendhaft zu handeln. Aber wir, ihre verkommene Brut, haben nicht auf sie gehört. Darum nahm sie uns den letzten Funken Menschlichkeit und straft uns nun mit grausamer Monotonie und tief sitzenden Urängsten. Die verdorbene Saat, die seit Anbeginn der Zeitrechnung in jedem Erdbewohner ruhte, ging auf. In allen erdenklichen Farben schillernd erblüht sie und ich bestreite die Tatsache nicht, dass wir es wahrlich verdient haben. Aber sie hätte nicht aufgehen dürfen, denn unser Todesurteil steht damit fest.

Planet Erde quält uns, in dem er mehr und mehr unmenschliche Züge in uns weckt. Das geschieht zwar zu seinem eigenen Nachteil und es ist ihm vollkommen bewusst, doch mittlerweile auch ganz gleich geworden. Die unaussprechliche Unmenschlichkeit lag schon immer irgendwo tief in unserem Innersten, fest verankert. Mir ist selbstverständlich bekannt gewesen, dass es auch früher schon hin und wieder bei diversen Gestalten zum Ausbruch reiner Boshaftigkeit kam. Aber nun nimmt es überhand. Selbst ich, ein Wesen von Güte und Demut vor meiner Mutter Erde und Schwester Natur, kann mich nicht mehr von Schuld freisprechen. Aber du könntest es. Du könntest all meinen Hass, meine Zweifel, meine Ängste und selbst meine Gier und meinen Neid auf andere, Eigenschaften, die alles Gute in mir vernichten könnten, von mir nehmen und mich von fehlgeleiteten Gefühlen und jeder Todsünde befreien, denn ich bin die Krankheit und du die Heilung. Ja, ich sehe es ein. Der Mensch ist ein Virus und die Welt wurde von ihm infiziert. Sie hat sich angesteckt und leidet nun an einem Krebsgeschwür, das sich für die überragendste Schöpfung aller Zeiten hält. Dabei vegetieren wir nur vor uns hin, blind und taub wahrer Schönheit gegenüber. Auf dir würde ich mich nicht im Todeskampf winden. Auf dir würde ich mich nicht des Nachts fürchten, wäre nicht verloren unter Milliarden Lebewesen. Keine unerwiderte Liebe, keine Falschheiten, keine Intrigen, keine Schande. Keine unkontrollierbare Wut, keine Hoffnungslosigkeit und auch Tränen der Trauer würden nie wieder über meine Wangen gleiten. Deine Bewohner kennen solche Gefühle nicht. Sie ignorieren sie auch nicht. Sie sind einfach nicht vorhanden. Das Leben der Tralfamadorianer ist stumpf und durchstrukturiert, stetig und gefühllos. Aber gerade dadurch leben sie frei von jeglichem Kummer und Angst. Ihre Teilnahmslosigkeit ist berauschend. So zu leben würde mein eigenes Dasein um vieles einfacher machen.

In meiner unreifen Existenz war ich nicht vollkommen, im Gegensatz zum Hier und Jetzt. Ich war dumm und naiv. Den falschen Idealen folgte ich nur zu gern und erblindete so über die Jahre hinweg. Als ich bemerkte, was ich mir in meinem Leben angetan hatte, war es fast schon zu spät. Ich sah mich selbst. Die Wahrheit, die mich aus jedem Spiegel angrinste, erschlug mich um ein Haar. Du weißt, was ich sah. Du warst da. Du warst schon immer bei mir. Wir konnten gemeinsam hinter das verzerrte Bild meines Ichs sehen. Wir beobachteten die vergangenen Jahre, die wie ein Stummfilm, grobkörnig und porös, vor unseren Augen zu flimmern begannen. Wir erkannten zusammen, welche Fehler ich machte, dass ich die falschen Werke las, das Gelesene glaubte, dass ich auf andere mehr hörte als auf meine eigene innere Stimme. Ich hab mir freiwillig die Augen aus den Höhlen stechen und mir die Hände und Füße binden lassen. Ich ließ zu, dass man meine Haut verbrannte, dass man meine Seele in Fetzen riss, dass man mir die Knochen brach und man mir das Rückgrat verdrehte und dann heraustrennte. Unzählige Male wurde ich gequält, unzählige Male ermordet und die Spuren, die ich seit dem mit mir herumtrage, bahnten sich von Woche zu Woche immer gewaltiger ihren Weg in die verhasste Realität. Glühende Speere und Schwerter, die ich mir durch Unwissenheit in mein müdes Herz rammte, blieben stecken und vergifteten meine inneren Organe. Alles, was in meinem Leben Bestand und Gültigkeit hatte, war nichts weiter als eine gelungene Eigentäuschung.

Du hast gewusst, ich würde es eines schönen Tages erkennen und du hast geduldig mit mir auf diesen Tag, auf diese historische Stunde, gewartet. Ich bereue es zutiefst, dass ich dich nicht früher erkannte. Jetzt, da ich mich von allem Irdischen abhebe und sich mein Verstand von mir löst, um sich nach deinem Vorbild zu formen, bin ich bereit für den letzten Schritt. Ich erwarte dich. Schwebe über mir und nimm mir die Last, die ich seit meiner Geburt mit mir herumtrage. Dann führe mich auf den silbernen Lichtstrahl, damit ich meine Reise zu dir antreten kann. Meine Habe brauche ich nicht zusammenzupacken. Ich werde zu dir eilen mit dem, was ich am Leib trage. Bei dir werde ich dann ein neues Leben beginnen, wie du es für mich vorgesehen hast. Weltliche Güter benötige ich von diesem Zeitpunkt an nicht mehr. Losgelöst von Nutzlosigkeiten werde ich aufsteigen. Was immer mich bei dir auch erwartet, ich bin bereit zu lernen und werde alle Weisheiten und Geheimnisse annehmen, die du mir offenbarst.

Der Tag der Erkenntnis, als ich begriff, was du für mich bedeutest, liegt nun schon eine ganze Weile zurück. Ich habe seit dem gelernt, mich nicht zu hassen. Ich schreie nachts nicht mehr, wenn ich mich selbst aus dem Schlaf und den Albträumen reiße. So sehr sie auch an mir zerren, ich bin stärker. Jedes Blutkörperchen, jede Zelle, die in mir aufbegehrt, lege ich nicht mehr in Ketten. Den nächtlichen Besuchern, die mich immer schon begleiteten, stelle ich alles, was aus mir herausbrechen will, entgegen. Durch mein Leben schreite ich mit erhobenem Haupt. Nichts kann mir heute mehr Schmerzen zufügen. Die Zeit dafür ist schon lange vorbei.

Meine Welt, die ich ablehnte, erkenne ich mittlerweile gar nicht mehr. Ich bedauere sie nur noch und ich beweine die Jahre, die ich auf der Suche nach dir verloren hab. Nun, da ich hier sitze und mir die Sehnsucht aus der Feder und meinen Augen rinnt, begreife ich, dass die irdischen Stunden nicht auf meiner Seite sind. Ich werde sterben, einsam und verlassen…

Montag, 21. April 2008

Leseprobe Nr. 1 aus „…als mein Wahn deine Realität schluckte“


Hochverehrte Kulturbegeisterte,

hier nun die von euch sehnlich erwartete erste Leseprobe aus „…als mein Wahn deine Realität schluckte (3 Wege ins Chaos und wieder zurück)“. Der nun folgende Ausschnitt stammt aus „Der Sieg“, der ersten Geschichte im Buch.

Viel Spaß beim Stöbern und danke für’s Lesen.

Es salutiert,
S.

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… hielt meinen Mund geschlossen, biss mir die Lippen blutig in der Hoffnung, kein einziges Wort würde mir entschlüpfen. Ich hätte mir am liebsten die Zunge herausgerissen, sie mit einem stumpfen Messer abgeschnitten, nein, eher bis zum Unterkieferknochen abgetrennt oder die Hände zu Fäusten geballt und sie mir mehrmals in den Mund gerammt, aber sie standen mir ja nicht zur Verfügung. Mein Hirn erwachte, durch all den Wahn und Irrsinn hindurch, erneut zum Leben. >>Tu es nicht!<<, befahl ich mir selbst und der Zwang, einen verhältnismäßig klaren Kopf zu bewahren, gewann die Oberhand. Die Wände hatten mich mittlerweile vollkommen eingekreist, sie wankten um mich herum, jeweils dreihandbreit entfernt. Mörtel, Putz und Steine fielen nicht mehr nur ausschließlich neben mir zu Boden, nein, sie erschlugen mich um ein Haar. Sie schmissen sich auf meinen Kopf und meine Beine, zertrümmerten die Kniegelenke, krachten auf meinen Beckenknochen, brachen mir durch die Einschläge sämtliche Rippen und meine Atmung versagte wiederholt. Ich wusste nicht mehr, wo ich die Kraft hernehmen sollte, die ich nun zum Luftholen benötigte. Bei jedem Atemzug, den ich von nun an tat, rann Blut aus meinem Mund und ein leises, schleifendes Pfeifen ertönte aus meinen Lungen beim Einatmen. Die Pfütze, warm und dunkelrot, die unter meinem geschundenen Schädel hervorquoll, versprach mir wortlos das Ende meines Leidens und mein baldiges endgültiges Ableben. Der entstandene Staub, der in der Luft hing, drang in meine Ohren und raubte mir so diesen Sinn auch noch. Meine Angst war an einem Punkt angelangt, wo sie sich nicht mehr bedeutend steigern ließ. Mein Puls überschlug sich und war daher nicht mehr messbar, meine Blutkörperchen rasten mit Lichtgeschwindigkeit durch meine Venen und polierten sie blank wie Edelstahl. Mein eigenes Verderben hätte sich darin spiegeln können. Der vor Verkrampfung zuckende Muskel, der einst mein starkes und von Mitgefühl erfülltes Herz gewesen war, leistete Unglaubliches. Es hämmerte von innen gegen meinen Brustkorb, ungezähmt und aufgebracht, wie ein Raubtier in Gefangenschaft, das um seine Freiheit kämpfte und sich dafür selbst Wunden zufügen würde.
 
Die Stimme, die mir all dies Schreckliche prophezeit hatte, kehrte nun zum letzten Mal zu mir zurück. Sie schien überall zu sein. Die Worte, die sie mir entgegenrief, prallten von den Wänden ab, durchstreiften den geschrumpften Raum und ihr Klang vermischte sich mit der Schwärze, die immer noch am Mauerwerk und von der Zimmerdecke hing. „Mach die Augen auf!“, befahl sie mir. Ich versuchte, sie zu überhören. All meine Empfindungen, die sich an meine Seele klammerten, erlaubten mir nicht, übermenschlichen Mut zu beweisen und diesen Schritt zu wagen. „Mach die Augen auf und sieh die Welt, die du für dich geschaffen hast! Mach sie endlich auf und erkenne die Wahrheit! Du bist im eigentlichen Sinne kein Opfer. Du bist nicht die einzige Kreatur auf Erden, der so etwas geschieht, also nichts Besonderes! Du bist nur ein Mensch, durch die Zustände auf diesem Planeten in den Wahnsinn getrieben! Du kannst nichts dafür! Du bist eben nur ein Mensch und die Menschen waren schon immer schwach! Aufgeben wäre in deiner Lage das, was noch von Vernunft zeugen würde! Ruf sie herbei, bevor es zu spät ist! Es ist ihre gottverdammte Pflicht, dich vor jeglichen Übergriffen zu beschützen, sogar vor dir selbst! Also rufe sie! Nur ein Hilferuf! Schrei es heraus und dann schrei es ihnen in ihre verzerrten Gesichter, was mit dieser Welt nicht stimmt! Hole sie aus ihrem Tiefschlaf, stoße sie aus dem zombiehaften Albtraum, in dem sie so lange vor sich hin vegetierten! Öffne ihnen und dir selbst die verblendeten Augen! Lass dich selbst und sie erkennen, was dir diese ach so zivilisierte Gesellschaft angetan hat! Schrei es heraus: Ich gebe auf!“
 
Irgendwo tief in mir spürte ich, dass die Stimme Recht hatte. Ganz gleich, was sie mir noch in die fast tauben Ohren schreien würde, sie hatte Recht. Die Erkenntnis, warum aufgeben trotzdem keine Lösung war, legte sich aber sofort wie zehn Zentner Steine auf meine schmalen Schultern und kampfunwillig erduldete ich das Gewicht, als sei ich nichts anderes gewohnt. Mein Mund, gefüllt mit dem Blut meiner Lungen, sprang urplötzlich auf. Der Anblick erinnerte an eine klaffende Wunde. Die Wände hielten abrupt an. Die Stimme, die Wahrheit heraus schreiend und allmählich der Verzweifelung nahe, da, wie sie glaubte, ich ihre gute Absicht nie begreifen würde, verstummte und der Raum zerbrach fast unter dieser Totenstille. Die dunklen Schleier verzogen sich ins Nirgendwo, die eisige Kälte tat es ihnen gleich. Das Licht und die Farben kehrten abermals zurück und durch meine geschlossenen Augen drangen grelle Strahlen und reizten mein Bindehautgewebe. Alles um mich herum schien zu erwarten, dass ich, bevor ich an meinem eigenen Blut und Körpersekret erstickte, den lang erwarteten, erlösenden Satz aussprach, um mich zu retten. Doch mein Mund schloss sich wieder bis auf einen minimalen Spalt. So lag ich da, verloren, mutterseelenallein, von Staub, Steinen und Blutstropfen übersät, immer noch in einer schutzsuchenden Stellung. Meine rissigen Lippen begannen selbstständig Worte zu formen, die stumm durch das Zimmer krochen. Nur mein Blut und meine Luftröhre erzeugten wage, fast lautlose Töne. Es bildeten sich bei den Sprechversuchen kleine Blasen, die beinahe unhörbar zerplatzten und Erstickungslaute bahnten sich ihren Weg aus meinem Hals.
 
An diesem Spätnachmittag verstummte ich und ich hatte auch jetzt noch nicht das Bedürfnis, meine Sprache wieder zu finden. Nur aus einem Grund hätte ich vielleicht mein Schweigen brechen wollen. Wenn auch nur die geringste Chance bestehen würde, so meine entstellten und aufgelösten Gliedmaßen wieder der Macht entreißen zu können, die sie mir genommen hat. >>Könnte es geschehen, wenn ich mich beuge?<<, dachte ich bei mir und stellte fest, dass in diesem Moment bereits alle Hoffnung von mir wich und dass der kleine Rest Würde in mir elend und in Schande starb. >>Könnte ich wieder einem humanen Wesen ähneln oder würde ich zu einem Menschen mutieren, weil ich diesen Zustand mittlerweile für ein krankes und erbärmliches Dasein halte? Oder bin ich bereits wieder an dem Punkt angelangt, wo ich mich nach Normalität und der heilen Welt sehne?<< Jede Zelle in mir, die einen Ausweg aus diesem Dilemma suchte, wollte nicht länger unterdrückt und kontrolliert werden. Sollten tatsächlich sprachähnliche Laute über meine Lippen kommen, dann müsste ich es wohl oder übel zulassen. Mir war es gleich. Sollte mein Körper doch das tun, was er wollte. Das tat er ungefragt ja schließlich schon seit endloser Zeit. Mein Mund öffnete sich erneut. Meine Stimmbänder dehnten sich und verlangten danach, Zeugnis abzulegen. Und, dem Herrn sei Dank, mein Geist fand einen Weg, um meinen Körper wiederholt zu beeinflussen und dieses Mal auf eine Art und Weise, wie ich es mir erträumt hätte und wofür ich die ganze Zeit so unerbittlich kämpfte.
 
Der Mund geöffnet, die Stimmbänder bereit, alles, bis an die vermeintlichen Grenzen des bekannten Sonnensystems, hinaus zu schreien, was sie hergaben. Worte tanzten ungeduldig auf meiner Zunge. Sie klammerten sich an meine Lippen und glitten von ihnen ab wie Regentropfen von gesättigtem Laub. Ein Schrei steckte irgendwo in meiner Kehle fest und fand den Weg nicht, der in die ersehnte Freiheit führte. Er stolperte leicht vor und zurück und mit der letzten Kraft, die mir noch innewohnte, schmetterte ich ihn heraus, damit er der verhassten Realität meinen Namen ins Angesicht schneiden konnte. Ein übermächtiges und verzerrtes „Genug!“ hallte durch den Raum. Ich dachte nicht mehr daran, dass sie, die in der Vergangenheit jeden meiner Schritte belauert hatten, mich hören würden. Mein Verstand schaltete automatisch, wie ferngesteuert, zum allerletzten Mal auf Hochbetrieb. Hirnsprünge entstanden, die seinesgleichen suchten und wie ich sie niemals für möglich gehalten hätte. Die Worte vermehrten sich und mein Mund konnte sie nicht länger bei sich behalten. Jetzt war ich es, ein Mensch, der den Wänden, den Schatten, der Kälte, ja selbst der prophetischen Stimme eine Heidenangst und das Gefühl, versagt zu haben, in die nicht vorhandene Seele drücken konnte. Meine Mundwinkel zogen sich in die Höhe und mein Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze. Mir kam ein Gedanke, der mich lächeln ließ. >>Sage die Wahrheit und beschäme den Teufel.<< Das war es. Ja, das wollte ich tun und dann ergoss sich ein Wortschwall auf die Dielen, der sich anscheinend nie wieder aufhalten ließ…

Samstag, 12. April 2008

Aus Not mach Tugend

Freue dich, verehrtes Fußvolk!

Denn Ostern ist zwar schon vorbei und Sankt Nicolaus lässt noch auf sich warten, dennoch haben wir bereits ein kleines Geschenk für euch in unseren käsigen Socken versteckt.
Der Anlass ist der lang erwartete Relaunch unserer Homepage, für die wir nach langer und entbehrungsreicher Suche endlich einen Webdesigner gefunden haben, der unseren Vorstellungen entspricht. In diesem Sinne rufen wir ihm also frohgemut entgegen: Willkommen, Ralf!

Als Überraschung gibt’s natürlich keine Geschenke, denn das könnte ja jeder— nein, wir möchten gern fünf Fans unserer kleinen Gemeinschaft zur nächsten Photosession einladen. Ihr könnt euch dort live und in Farbe einen Eindruck davon verschaffen, wie kreative Ideen bei uns umgesetzt werden. Thema der Photoserie wird der Marquis de Sade sein.

Das ganze Spektakel findet Ende Juli statt. Über die noch verbleibenden Wochen hinweg sammeln wir eingehende E-Mails und benachrichtigen die glücklichen Auserwählten etwa zwei Wochen vorher.

Schreibt uns also zügig an:

Vielleicht finden wir sogar ein neues Gesicht, das wir auf Dauer verunstalten können. Wer weiß? ;)

Zu spät zum Eiersuchen kamen dieses Jahr
A. und S.