Donnerstag, 22. Oktober 2009

…und die Zensur läuft Amok


Werte Freunde der Literatur,

wie euch möglicherweise bereits in den letzten Wochen zu Ohren kam, ist mein neues Werk „Fräulein Agonie erwachte, als Jüngling Kraft im Sturm erlosch“ erfolgreich vollendet worden.

Erfolgreich?

Nun, wenn ich schlechte Presse, Androhung von Zensur und ein sich quer stellendes Verlagshaus als Erfolg ansähe, hätte dies sicherlich seine Richtigkeit.
Daher an dieser Stelle eine kurze Anleitung dazu, wie man es zustande bringt, aus einer kleinen misanthropischen Bibel ein überdimensionales Dilemma entstehen zu lassen:

1. Sich mit einem Amokläufer, dessen Tat nur knapp verhindert wurde, lange und ausgiebig unterhalten.
2. Dieses Gespräch in Form eines möglichst authentisch klingenden Abschiedsbriefes als Kurzgeschichte umsetzen.
3. ???
4. Zensur!

So bequem es also auch war, die Erzählung praktisch „aus erster Hand“ zu bekommen, so mühselig ist es nun, sich hierfür rechtfertigen und bedrohen lassen zu müssen
Da ich es selbstverständlich ablehne, auch nur ein Wort meiner Arbeit von der Zensur beschneiden zu lassen, heißt es für euch leider: Warten warten warten. Auf unbestimmte Zeit. Sobald ich einen neuen Verlag gefunden habe, der ausreichend Eier in der Hose hat oder mein Aktueller seine Meinung zu diesem Sachverhalt grundlegend geändert hat, sind mir leider die Hände gebunden. Ihr werdet auf dem Laufenden gehalten.

Die Vorbestellungen, die seit April diesen Jahres bei mir eingegangen sind, behalten selbstverständlich ihre Gültigkeit. Solltet ihr sie vorerst wieder stornieren wollen, habe ich dafür Verständnis und werde eurem Wunsch nachkommen.

Danke für’s Lesen & schöne Grüße,
S.

Samstag, 21. März 2009

Leseprobe Nr. 2 aus „Fräulein Agonie…“


Liebe gutaussehende und intelligente Leser,

ihr habt es natürlich bereits geahnt: Was man anfängt, muss man auch zu Ende bringen. Getreu dieser Maxime, an dir wir uns ja selten genug halten, heute aber dafür umso mehr, kredenzen wir euch in bester E.G.O.-Tradition einen zweiten Heißmacher. Hinter dem klangvollen Namen „…am Ende schweigt der Planet“ verbirgt sich nichts anderes als die allerletzte Geschichte von „Fräulein Agonie erwachte, als Jüngling Kraft im Sturm erlosch“, die es ganz schön in sich hat. Davon könnt ihr euch bereits jetzt in unserer zweiten Leseprobe überzeugen. Wir hoffen, sie findet euer Wohlgefallen.

Mit aufgeregtem Winken,
das Team

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... Mir schwinden die Kräfte, weil ich mir immer wieder vorhalte, dass ich der letzte Mensch der alten Welt bin und ich nie von der Neuen akzeptiert werde. Ich darf nicht einmal wagen, auf Toleranz zu hoffen. Wenn mein Körper alt und verbraucht ist, dem Untergang geweiht und in einen anderen Zustand versetzt wird, dann werden nie wieder Kreaturen wie meinesgleichen mit ihrer Anwesenheit das kosmische Auge beleidigen. Aber vielleicht bekommen wir noch eine Chance. Vielleicht müssen erst eine Million Jahre vergehen, bis man uns verziehen hat. Dann wird das Universum das Schicksal von Terra Secundus wieder mal in die Hände der Evolution legen und darauf hoffen, dass die neue Spezies nicht dieselben Fehler macht. Sie wird sich für eine künstliche Selektion entscheiden, androgyne Wesen mit lichtempfindlicher Haut. Schwacher Knochenbau, unterentwickelte Sprache, Muskelgewebe wird so gut wie nicht vorhanden sein. Sie werden nur über eine begrenzte Anzahl von Gehirnzellen verfügen. Die Furcht vor ihrem Umfeld wird sie im Zaum halten und zu einem ständigen Begleiter. Sie werden sich kaum aus dem Schatten der Bäume wagen, mit totem Laub bedecken und sich von herabfallenden Früchten ernähren. Wenn es dem Homo sapiens nochmals gestattet wird, sich auf einem perfekten Planeten aufhalten zu dürfen, dann nur mit diesen körperlichen und geistigen Einschränkungen. Nichts in den Weiten des Alls wird es je wieder zulassen, dass ein Himmelskörper unter einer Rasse zu leiden hat bis zu seiner totalen Zerstörung. Eine seuchenfreie Zone wurde in ein Sonnensystem hinein geboren und der Mensch, so wie ich ihn verkörpere, darf hier keinen Platz mehr finden.

Das ist der Moment, in dem ich einen Wunsch frei haben möchte. Er wird, wie von einer Schrapnellladung getroffen, in Fetzen gesprengt und rinnt mir aus dem zerrissenen Schädel. Ich erkenne wehmütig, dass mein Dasein nicht gerechtfertigt ist und es auch nie sein wird. Ich erkenne weiterhin, dass alles Leben hier auch ohne mich existieren kann und ich nicht von Belang bin. Ich werde mir meiner eigenen Unwichtigkeit bewusst und will mit dieser Last nicht weiter vorhanden sein. Nicht so. Nicht in menschlicher Form.

Ich kann es drehen und wenden wie ich möchte, ich bin und bleibe nur eine Anordnung von DNA-Strängen, ein Irrtum der Evolution, genmanipuliertes Fleisch, ein Exponat verwesender Biomasse, eine generationsübergreifende Seuche. Ein Wasser-, Protein- und Fettgemisch, das der Natur nur als Mineraldünger von Nutzen ist. Gewissenlos. Reuelos. Unfähig, sich ins Leben einzureihen. Unfähig, zu lernen. Frei von Einsicht. Alles verzehrend. Ein Partikelchen im Nichts und dennoch eine Plage.

Der eine Wunsch, der sich mit Adlerkrallen an meine Seele klammert und mit Wolfszähnen mein Herz zerfleischt, wächst zu einem Geschwulst heran, streut Metastasen, wuchert in lebenswichtigen Organen und vergiftet sie. Da ich noch immer nicht zu sprechen wage, aus Respekt vor dem zerbrechlichen Säugling, werde ich mein Begehren den Gedanken überlassen.

Ich stehe mutig erhobenen Hauptes auf, lege den Kopf in den Nacken, die Arme ausgebreitet. Das Individuum, welches seine Nichtigkeit akzeptiert und dem Tod zustimmt. Ich beobachte, wie der erste Stern aufgeht und das Himmelszelt sanft erleuchtet. Tag eins ist bereits Vergangenheit und einen weiteren auszukosten verdiene ich nicht. Sehnsüchtig träume ich mich in die Arme von Herrin Fortuna und fordere lautlos das Universum heraus. Es soll erneut Stürme schicken, die mich hinfort heben, Krater in die Erde reißen, damit ich in den Höllenschlund zu den anderen stürze, die Meere anschwellen lassen, so dass die Wellen über den Berg schwappen, sich an ihm brechen und mich davon tragen. Die schäumende Gischt möge mich ersticken, die Gezeiten aufs offene Gewässer hinaus schwämmen und mich ertränken. Auch könnte die Südhemisphäre mich zerquetschen mit ihren muskulösen Händen. Mir ist es gleich, wie es geschieht. Nur irgendetwas soll mich vom Angesicht der Erde wischen.

Auch könnte Gott, wenn er hier noch verweilt und gnädig ist, meinen Lebensfaden kappen. Skalpell, Dolch, Lanze und Speer sind nicht nötig, um dieses Gebilde, das Werkzeug des Bösen, auszulöschen. Ein kosmischer Fingerzeig genügt und das letzte verwirkte Leben erlischt. Der Tod kann barmherzig sein. Besonders, wenn man als Mensch geboren wurde und erkannte, dass man nie einen Lebensberechtigungspass für diesen Planeten ausgestellt bekam...

Freitag, 20. März 2009

Leseprobe Nr. 1 aus „Fräulein Agonie…“


Verehrte Freunde schöngeistiger literarischer Exzesse,
 
das Warten hat sich gelohnt: Es gibt nun endlich erste Einblicke in das kommende Machwerk „Fräulein Agonie erwachte, als Jüngling Kraft im Sturm erlosch“. Die erste der vierzehn Geschichten, welche den Titel „In der Anstalt auf Station 3.3“ trägt, ist hier nun in Form eines Laune auf mehr machenden Ausschnitts vertreten, in dem ihr schon mal nach Belieben herumstöbern könnt.

Es grüßt,
S.

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... „Verdammt. Typisch Montag. Klar, dass heute alles schief gehen muss. Ist ja auch mein letzter Tag in diesem Saustall hier. Verdammt. Verdammt.“ Ich fluche gerne laut. So wissen Patienten und Angestellte wenigstens gleich, dass es gesünder wäre, mir aus dem Weg zu gehen. Mir wurde die Frühschicht aufgebrummt und da ich schon immer ein Problem mit dem Früh-Aufstehen hatte, bin ich heute besonders grantig. Dazu kommt, dass ich ab morgen in einer anderen Abteilung arbeite und mit dem ganzen Elend hier nichts mehr zu tun habe. Na ja, neues Elend wird sich schon finden. Aber an dieses bin ich gewöhnt. Und, weil mein Leben ja so wunderbar einfach ist, hat sich vor einer Woche mein Mann aus mir unbekannten Gründen von mir getrennt und will die Scheidung einreichen. Gott sei Dank, haben wir keine Kinder. Das wäre erst ein Drama geworden. Aber die Zeit, die wir zwei miteinander verbrachten, hat kaum gereicht, uns besser kennen zu lernen, geschweige denn, Nachkommen zu zeugen.
 
Wie ich heiße? Ist doch egal. Das tut nichts zur Sache. Ich bin Ende dreißig und arbeite in einem Sanatorium für mental Erkrankte. In der „Blaue-Hügel-Heimlandschaft“. Ab morgen werde ich in einem städtischen Krankenhaus Frischlinge ausbilden dürfen. Na, die wissen bestimmt nicht, was sie erwartet. Aber momentan bin ich noch die Stationsschwester der geschlossenen Abteilung. Hier hat man die ganz hartnäckigen Fälle zusammengepfercht, um sie totzupflegen. Männer und Frauen, von achtzehn bis neunundsiebzig. Ja, ich glaub, neunundsiebzig ist unsere älteste Insassin. Ich bin verantwortlich für fünfunddreißig Patienten. Von jedem einzelnen kenn ich das Alter, das Gebrechen, die Zimmernummer, die Medikation und die vielen kleinen Eigenheiten, Vorlieben und Macken. Namen spielen keine Rolle. Auch nicht, was sie früher so getan haben oder welche Charakterzüge sie zu einem einzigartigen Menschen machten. Sie sind nur krank und der Gesellschaft nicht mehr von Nutzen. Sie finden sich in der Welt nicht mehr zurecht. Die verschiedenen Auslöser für ihren Zustand interessieren mich nicht. Sie sind hier, weggeschlossen, und es wird einen triftigen Grund dafür geben. Die meisten wurden von ihren Angehörigen hergebracht, laut schreiend und wild um sich schlagend. Manche verstummten beim Anblick dieser Einrichtung. Viele fangen bei der Aufnahme Diskussionen mit Personal oder Pflegern an. Sie beteuern entweder, sie seien nicht krank und könnten für sich selbst sorgen, anderen hingegen dürfte man zum Ausfüllen der Unterlagen nicht mal einen Bleistift in die Hand drücken, da sie auf alles losgehen, was atmet. Sie greifen nach allem, womit man Menschen verletzten oder gar töten könnte. Es kommt hin und wieder vor, dass sie Gegenstände, die sie in die Finger bekommen, an sich selbst testen und sich teilweise auch schwere Wunden zufügen.
Beklopptes Pack. Alle miteinander nichts im Kopf und ich muss mich auch noch für die aufopfern. Schlage mir Doppelschichten um die Ohren, muss ihnen den Arsch abwischen, die bekotzten Laken wechseln, und das alles mit einem freundlichen Lächeln. Und dann die Schwestern. Halbe Kinder sind das noch. Quatschen mich dusselig mit Liebeskummer und Zukunftsplänen. Ich hab die Schnauze voll.
Und Judas nervt heut besonders. Patient Nummer Fünfzehn. Ich nenne ihn Judas, weil er höchstwahrscheinlich mit der heiligen Schrift im Arsch geboren wurde und trotz dem er sich mit den sieben Todsünden auskennen müsste, hat er seine Frau und ihren Geliebten erschlagen, da er beide in flagrante im Ehebett erwischt hatte. Als man ihn festnehmen wollte, widersetzte er sich, erschoss einen Staatsbeamten mit dessen Waffe und floh Richtung Kirche, in der er sich verbarrikadierte. Als der Pfarrer ihn zum Aufgeben bewegen wollte, knallte er den auch noch ab. Dann kniete er vor dem großen hölzernen Kreuz nieder und steckte sich die Waffe in den Mund. Suizidversuch. Und so was nennt sich gottesfürchtig. Verlogener Heuchler. Manchmal wünsche ich mir, er hätte es geschafft. Ich sehe es klar vor mir, wie die Kugel sich durch seinen Gaumen frisst, ins Stammhirn eindringt und die Schädeldecke sprengt. Warum musste man ihn auch von seinem Vorhaben abhalten? Jetzt hab ich ihn am Hals...

Sonntag, 25. Januar 2009

Die literarische Antwort auf „Warum ist die Welt nur noch scheiße?"


Seid gegrüßt,

das neue Werk „Fräulein Agonie erwachte, als Jüngling Kraft im Sturm erlosch“ von Susann Zschau hat nun fast die Endphase erreicht. Es befindet sich gerade auf dem Weg in die Korrekturlesung, wo ihm der letzte Schliff verliehen wird. Parallel dazu wird eifrig am Layout gewerkelt. Aktuelle Leseproben sind in Kürze zu erwarten.

Was da alles auf euch zukommt?

Verbale Auseinandersetzungen mit bösartigen Kellertreppen,
Einblicke in das Leben eines Amokläufers,
die Vernichtung des Planeten Erde,
kirschkuchenbackende Einhörner,
Richtigstellung der Bibellügen,
zornige Kakerlaken,
Gynoiden im Kaufrausch und nicht zuletzt die Geburt von Utopia.

Na, wenn das nicht mal nach ganz großem Kino klingt, dann weiß ich auch nicht. Habt noch ein wenig Geduld.

Cheers,
Alex